unfix
26.04.2023
/ Von Sacha Storz

Vor kurzem hatte ich die Chance, Jürgen Appelos unFIX-Modell in einem zweitägigen Workshop intensiver kennenzulernen. Appelo, der durch Management 3.0 bekannt wurde, hat mit unFIX eine Musterbibliothek (pattern library) entwickelt, die darauf abzielt, Organisationsdesign flexibler zu gestalten.

Frameworks sind Schnee von gestern…

Im Vergleich zu bekannten Frameworks wie SAFe, LeSS, Scrum@Scale, die ebenfalls alle auf Business Agility abzielen, aber auch Soziokratie und Holokratie, bietet unFIX eine Alternative. Anstatt starre Ansätze zu verfolgen, möchte Appelo einen Baukasten anbieten, mit dem jede Organisation ihre eigene, individuelle und spezifische Struktur und Methodik entwickeln kann. Er vergleicht es mit Lego-Bausteinen: Was man damit baut, ist offen.

Es ist kein Geheimnis, dass (agile) Frameworks häufig nur oberflächlich implementiert werden, Blaupausen-Charakter und meist wenig mit echter Businessagilität und sinnvollem Organisationsdesign zu tun haben.

UnFixen und neu kombinieren

Der Ansatz von unFIX besteht darin, Organisationen als Sammlungen und Interaktionen vieler Muster zu betrachten. Anstatt einer starren Blaupause zu folgen, sollten Organisationen aus verschiedenen Mustern genau die Struktur, Methode und Vorgehensweise entwickeln, die am besten zu ihnen und ihrer Situation passt.

Typische Muster aus unFIX

Ein grundlegendes Muster in unFIX sind die verschiedenen Arten von Teams, die als Crews  bezeichnet werden. Appelo verwendet die Crew-Typen aus den Team Topologies — Value Stream Crew, Facilitation Crew, Platform Crew, Capability Crew, und fügt noch weitere hinzu, etwa Experience Crew und Governance Crew. 

Beispiele aus unFIX für Entscheidungsfindungsmuster sind:

  • Einstimmigkeit
  • Konsens
  • Konsent
  • Score-Bildung
  • Multi-Voting
  • Mehrheit (einfache etc.)
  • Delegation
  • Autorität

In vielen Workshops frage ich „Wie werden bei euch Entscheidungen getroffen?“ — und die traurige Wahrheit ist, oft ist die Antwort „Man weiß es nicht genau“ oder „Mal so, mal so“. 

Zusammen mit den Delegation Levels, die Appelo schon in Management 3.0 entwickelt hat, bietet unFIX eine nützliche Bibliothek, um Entscheidungsprozesse in der Organisation zu designen.

Organisationsdesign für alle!

Mit unFIX können bereits viele praktische Organisationsdesigns umgesetzt werden. In den Übungen zeigte sich, dass jede Gruppe unterschiedliche Aspekte betonte und Herausforderungen auf verschiedene Weise löste. 

Indem man die verschiedenen Umsetzungsoptionen diskutiert und die entsprechenden Herausforderungen klar definiert, entsteht ein gemeinsamer und bewusster Entscheidungsprozess. Das ermöglicht es, die Organisation gezielt von Grund auf zu designen. 

Auch wenn eine bestehende Organisation nicht überstürzt umgebaut werden sollte, sind die Aha-Erlebnisse darüber, warum eigentlich bestimmte Dinge so und nicht anders sind, Gold wert. Es bedeutet, dass das Wissen aller Beteiligten in das Organisationsdesign einfließt, wo es ansonsten im Elfenbeinturm des sogenannten Leaderships stattfindet.

Was unFIX noch fehlt…

Appelo und sein Team sind sich bewusst, dass es noch viel zu tun gibt. Zum Beispiel könnten Interaktionsmuster zwischen strukturellen Einheiten wie Crews noch weiter ausgebaut werden. Aktuell arbeitet das Team unter anderem an den folgenden Punkten:

  • Ein Set von Prinzipien, die der Anwendung des Modells zugrunde liegen sollen.
    Beispiel: Manage the work, lead the people.
  • Überlegungen zum Zielsetzungssystem OKR: Müssen OKR iterativ sein oder geht auch continuous flow? 
  • Ansätze für Gewohnheitsbildung (Habit Building) in Teams, basierend auf Gamification

unFIX bietet derzeit Muster für Crews, Entscheidungsfindung, Investitionshorizonte, Life-Cycle-Phasen, Abhängigkeitsmanagement, größere Gruppenzusammenhänge (Turf, Base, Forum), Teamrollen und einiges mehr.

unFIX: eine vielversprechende Musterbibliothek

Es lohnt sich m.E., unFIX weiter zu verfolgen und auch schon in der aktuellen Form auszuprobieren. Die Übungen im Basis-Workshop dauern höchstens 30 Minuten, so dass man schnell einen ersten Eindruck gewinnen kann.

PS: Jurgen Appelo wird im Juli auf unserer Konferenz Agile World in München als Gastredner zugegen sein, allein deshalb lohnt sich der Konferenzbesuch schon. Tickets gibt es hier.

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