Maximale Verunsicherung
Die aktuelle Situation weltweit führt zu maximaler Verunsicherung. Viele Unternehmen wissen derzeit nicht, wie es weitergehen wird, und welche Schritte sie unternommen sollen. Wie können wir – in Zeiten fehlender Antworten und Informationen – Souveränität zurückgewinnen und entsprechend sicher handeln? Viele sehnen sich nach Normalität, nach klar definierten Abläufen, nach gewohntem Verhalten sowie vorhersehbaren Ergebnissen.
Wir beobachten, dass Menschen zunehmend auf Entscheidungen „von außen“ warten, in Aktionismus oder in eine Art Schock-Starre verfallen. In der ersten Phase nach dem Lock Down war es zuerst einmal relevant arbeitsfähig zu sein und das Überleben des Unternehmens zu sichern. Anweisungen und die Kontrolle der Situation hatten Vorrang. Wir haben die Gegebenheiten akzeptiert und gelernt damit umzugehen. In der zweiten Phase stehen jedoch Flexibilität, Kooperation und die Entwicklung kreativer Ideen im Vordergrund, um basierend auf den veränderten Rahmenbedingungen agieren zu können. Jetzt geht es darum wieder Vertrauen aufzubauen, schnell auf neue Markt- und Kundenanforderungen einzugehen und gemeinsam neue Wege zu gehen.
Kombination aus Stabilität und Agilität
Auf Organisations-Ebene sind stellen heute Disruption und ständige Turbulenzen eine große Herausforderungen für das Management von Unternehmen dar. Um sich diesen Herausforderungen zu stellen und neue Strategien zu entwickeln, helfen bewährte Change-Konzepte nur begrenzt weiter. Es braucht Stabilität und Agilität. Durch eine Kombination aus Stabilität und Agilität können Unternehmen sowohl die Vorteile eines hierarchischen Systems als auch die Geschwindigkeits- und Innovationsvorteile des Unternehmernetzwerks nutzen. John Kotter spricht von einem „dualen Betriebssystem“. Hier finden Sie weitere Informationen zur Gestaltung einer Agilen Transformation.
Auf Team-Ebene können Menschen in Führungspositionen Stabilität und Agilität fördern, indem sie Akzeptanz und Vertrauen stärken, Verantwortung abgeben und die kollektive Intelligenz von Team-Mitgliedern aktiv nutzen. Hier ein paar Impulse für Führung in unsicheren Situationen.
7 Impulse zur Gewinnung von mehr Souveränität
#1 Information: Es ist erst einmal wichtig, Antworten auf die Frage nach dem „Warum“ sowie klare Informationen zu der Unternehmenssituation (Fakten) zu liefern. Wenn wir die Sinnhaftigkeit und den Wert unseres Handels verstehen, sind wir bereit uns zu ändern. Wir suchen nach Übereinstimmung zwischen unseren Überzeugungen und Handlungen. Der Glaube an das „Warum“ inspiriert uns zu einem Verhalten, das den Wandel nicht nur unterstützt, sondern ihn mobilisieren.
#2 Kommunikation & Kollaboration: Eine kontinuierliche Kommunikation ist gerade in Zeiten, in den wir uns nicht face-to-face begegnen können besonders wichtig, sowohl im Team als auch in 1:1 Konversationen. Social Collaboration erlaubt eine kontinuierliche Kommunikation und Kollaboration. Mitarbeitende können durch regelmäßige Impulse, Fragen und Diskussionen (via Slack, MS Teams, Confluence, …) eingebunden werden. Dies kann zu in unterschiedlichen Bereichen zu verschiedensten Themen erfolgen: Unternehmen (aktuelle Informationen), Business (Trends), Team sowie Themen aus dem privaten Umfeld der Mitarbeitenden (z.B. ihre Herausforderungen). Eine wertschätzende und achtsame Interaktion mit Beteiligten, um auf die Bedürfnisse, Sorgen und Ängste einzugehen, ist auch in der virtuellen Zusammenarbeit essentiell.
#3 Vorbildfunktion: Menschen in Führungspositionen sind in unsicheren Zeiten stark herausgefordert. Sie haben die Aufgabe, Orientierung zu geben, Sicherheit zu vermitteln, empathisch mit den persönlichen Herausforderungen von Mitarbeitenden umzugehen und authentisch zu sein. Machen wir uns bewusst, dass sich das Verhalten von Menschen in Führungspositionen auf Mitarbeitende auswirkt und diese beeinflusst. Wenn wir sehen, wie sich andere verändern, und die positiven Auswirkungen erkennen, sind wir gewillt diesem Beispiel zu folgen. Vorbilder inspirieren und motivieren uns. (Inspiration: Agile Leadership)
#4 Entscheidungen: In unsicheren Zeiten neigen Führungskräfte dazu Anweisungen zu geben, um Mitarbeitenden Sicherheit zu vermitteln. Aber gerade jetzt ist es sinnvoll keine einsamen Entscheidungen zu treffen, sondern Verantwortung zu delegieren und den Mut zu haben in eine Haltung des „Nicht-Wissens“ zu gehen. Verantwortung hat viele Abstufungen: Entscheidungen, die einzig von der Führungsrolle getroffen werden, nach Rücksprache mit dem Team, oder Entscheidungen, die gemeinsam getroffen werden können. Machen wir diese Delegationsstufen transparent und beziehen Mitglieder ein, führt dieses Verhalten zu mehr Klarheit und Selbstverantwortung.
#5 Lernen: Wir haben derzeit eine steile Lernkurve. Wir lernen durch Experimente, gewinnen neue Fähigkeiten, setzen neue Methoden und Tools ein und lernen aus Fehlern. Die virtuelle Zusammenarbeit hat uns neue Perspektiven eröffnet. Wir lernen, wie wir mit Stress-Situationen umgehen – persönlich, im Team und als Organisation. Die Chance gezielt neue Fähigkeiten aufzubauen, um die aktuellen Geschäftsmodelle, Prozesse und Arbeitsweisen zu überdenken, hat gerade jetzt ein großes und für die Zukunft wichtiges Potential. Eine gelebte Feedback- und Fehlerkultur ist eine wertvolle Basis, um Lernen zu fördern und gemeinsam als Team/Organisation zu wachsen.
#6 Werte: In Krisenzeiten besinnen wir uns auf unsere Werte. Dies konnte in den letzten Wochen deutlich an der Solidaritätswelle beobachtet werden. Machen wir uns unserer Werte auch im Unternehmenskontext bewusst. Gemeinsame Werte verbinden, motivieren und schaffen einen Rahmen für unser Verhalten. Insbesondere in schwierigen Zeiten können sie uns eine Orientierung geben und ein Wir-Gefühl stärken, das gerade in herausfordernden Situationen oftmals zu kurz kommt.
#7 Reflektieren: Neben den negativen Auswirkungen der Krise ist in den letzten Wochen auch sehr viel Positives passiert. Oftmals vergessen wir uns dessen bewusst zu werden, und wertzuschätzen unsere Leistungen und Ergebnisse zu wenig. Die bewusste Reflektion ist enorm kraftvoll und kann neue Energien bzw. Potentiale freisetzen. Gerade jetzt ist es wichtig kontinuierlich zu reflektieren: Was ist gut gelaufen – vielleicht besser als erwartet? Welche neuen Ideen sind entstanden? Welche Werte haben uns verbunden? Wie können wir positives Verhalten verstärken? Was ist nicht gut gelaufen und was lernen wir daraus? (Inspiration: Beispiele Retrospektiven)
#8 Erfolge: Durch Reflektion sehen wir wie weit wir bisher auf unserem Wege gekommen sind und welche Erfolge wir erzielen konnten. Indem wir diese über „Erfolgswände“, „Storytelling“ oder schlichtweg persönlich mit anderen teilen, machen wir sie sichtbar, und können damit miteinander bzw. voneinander lernen. Dies eröffnet uns den Raum für neue Möglichkeiten, stärkt unser Selbstvertrauen, gibt uns Anerkennung und positive Energie.
Fazit
Das ist natürlich erst der Anfang der Diskussion, wie wir mit der Krise umgehen können. Wir erleben wie Effizienz und Agilität gegeneinander aufgewogen werden und in diesen unsicheren Zeiten auf gewohnte Verhaltensmuster (Control & Command) zurückgegriffen wird. Doch gerade jetzt eröffnen sich neue Möglichkeiten, um aus der Krise gestärkt hervorzugehen. Eine Kombination aus Stabilität und Agilität ist jetzt besonders sinnvoll, um sich den fortlaufend verändernden Rahmenbedingungen anzupassen.
Bei improuv suchen wir nach verschiedenen Zugängen, wie wir zum einen besser einschätzen können, welche Veränderungen sich gerade abzeichnen, und zum anderen wie wir eine spezifisch agile Reaktion darauf gestalten können. Christoph Mathis hat hierzu auch einen interessanten Beitrag „Boost oder Backlash“ geteilt.
Ich bin sehr gespannt auf euer Feedback.