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Die Glasdecke – Wenn Agilität auf Budgets trifft

Wer in größeren Organisationen Agilität einführt, kennt das Problem: Mit viel Mühe hat man sich geeinigt, ein bestimmtes Feature zu bauen und plötzlich meldet sich einer der beteiligten Manager fragt „Und aus welchem Budget sollen wir das jetzt bezahlen?“

Was vielen als lästige Formalie scheint, ist in Wirklichkeit Ausdruck einer fundamentalen Inkompatibilität Agilen Arbeitens mit traditionellen Budgetierungsprozessen, argumentiert Bjarte Bogsnes in seinem lesenswerten Artikel „Agile Transformation and the Elephant in the Room„. Stammgäste unserer Agile World kennen Bjarte als Keynote Speaker, ich arbeite mit ihm seit einigen Jahren im Rahmen der Supporting Agile Adoption Initiative der Agile Alliance zusammen.

Die Techniken der Budgetierung, die James McKinsey vor fast hundert Jahren entwickelt hat, so Bogsnes, sind schlichtweg nicht mehr flexibel genug, um in der heutigen Zeit bestehen zu können. Als Alternative fasst er in dem Blogbeitrag die Grundideen von Beyond Budgeting zusammen.

Das Problem der Budgetierung

Um Unternehmen mit der notwendigen „Business Agility“ steuern zu können, empfiehlt Bogsnes, die drei Zwecke der Budgetierung zu entwirren und in drei getrennte Prozesse aufzuspalten:

  • Zielsetzung: Sich Ziele zu setzen, ist ein wichtiges Mittel, um gemeinsam an einem Strang zu ziehen. Das dürfen gerne auch ambitionierte Ziele sein, solange sich alle einig sind.
  • Vorhersagen: Um mittel- und langfristige Verpflichtungen eingehen zu können, kommt man um einen realistischen Blick auf die Zukunft nicht drum rum. Sollen wir neue Kolleginnen und Kollegen einstellen? Werden wir ausreichend Inhalt zur Messe fertig haben, um eine Kampagne zu starten? Werden wir ausreichend Produkte verkaufen, um in die neue Fabrik zu investieren? Bei solchen Fragen führen ambitionierte Ziele selten zu den besten Entscheidungen, sondern nur ein nüchterner Blick auf die Realitäten.
  • Ressourcenallokation: Sollen wir noch fünf zusätzliche Teams aufbauen? Welche Prioritäten müssen wir in den nächsten Monaten setzen? Und wofür steht nicht genug Kapazität zur Verfügung und muss deshalb verworfen werden? Oft genug wird darüber gejammert, „dass das Business nicht bereit ist, Entscheidungen zu treffen“. In Wirklichkeit führt die Vermischung der drei unternehmerischen Aufgaben dazu, dass niemand die zur Verfügung stehenden Kapazitäten und Ressourcen wirklich gut einsetzen kann.

Als Agilist ist man versucht, sofort „wir kümmern uns doch genau darum!“ zu rufen. Damit verkennt man aber, dass Bogsnes hier auf einer anderen Flughöhe argumentiert. Es geht ihm nicht um Sprintziele oder empirische Planung, sondern um Unternehmensplanung, also Portfoliomanagement, Finanzplanung und Strategieumsetzung.

Das zeigt aber auch, dass Beyond Budgeting und Agilität nicht nur irgendwie ähnliche Geschwister eines gleichen Mindsets sind, sondern jede ernsthafte Agile Transition irgendwann auch die Frage nach der Unternehmenssteuerung aufwirft. Und hier liefert Beyond Budgeting Ansätze, die entstanden sind, „indem wir es selbst getan haben und anderen dabei geholfen haben“, um das Agile Manifest (nicht ganz korrekt) zu zitieren.

Agilität und Beyond Budgeting

Agiles Arbeiten auf der operativen Ebene liefert die perfekte Grundlage für informierte Entscheidungen. Mit empirischer Planung können wir aus gemessenen Daten szenariobasierte Vorhersagen ableiten und – mit ein wenig „statistischem Voodoo“ sogar deren Eintrittswahrscheinlichkeiten abschätzen. Durch stabile Teams und Flowprinzipien können wir sicherstellen, dass zugewiesene Kapazitäten auch tatsächlich zur Verfügung stehen und Allokationen sich nicht in der Komplexität der Organisation verlieren. Hypothesen-getriebene Produktentwicklung und validiertes Lernen ermöglichen uns schließlich, lohnenswerte Ziele zu entwickeln und auf sie hin zu arbeiten.

Beyond Budgeting erlaubt es, diese Fähigkeiten auch zur Unternehmenssteuerung zu nutzen. Umgekehrt erlaubt es Beyond Budgeting auch, das Unternehmen so flexibel zu steuern, dass man die Möglichkeiten Agiler Umsetzung tatsächlich auch am Markt ausnutzen kann. Echte Business Agility entsteht, wenn man die zuverlässige und schnelle Reaktionsfähigkeit agiler Lieferung mit flexibler Unternehmenssteuerung kombiniert. Beyond Budgeting entfernt die Glasdecke, an die Agile Transformationen früher oder später stoßen.

Bjarte Bognes‘ Artikel ist ein guter Start, um sich mit dem Thema zu beschäftigen. Sprechen Sie mich an, wenn Sie sich für mehr Details interessieren.

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