Ohne Lernen neigen Organisationen dazu, Bewährtes zu wiederholen und nur oberflächliche und kurzfristige Verbesserungen zu erzielen. Diese kurzfristigen Anpassungen sind nicht ausreichend, um für die komplexen Herausforderungen der Zukunft gewappnet zu sein.
Für uns als Unternehmensberatung ist organisationales Lernen Teil unserer Dienstleistung und gleichzeitig ein Unternehmenswert, eine gemeinsame, verbindende Haltung. Leider ist das Konstrukt Lernende Organisation sperrig und wird als wenig praxisrelevant empfunden.
Im Rahmen meines Studiums der Wirtschaftspsychologie habe ich mir deswegen die Frage gestellt, wie Unternehmen eigentlich in der Praxis die Handlungsfelder zur Lernenden Organisation umsetzen und welche Maßnahmen dabei helfen. Dieser Frage bin ich in einer qualitativen Studie nachgegangen.
Die theoretische Grundlage bildeten die Arbeiten von Senge sowie Marsick & Watkins. Senge habe ich wegen seiner holistischen und integrativen Betrachtungsweise ausgewählt. Wo seine Theorien und Modelle zu unspezifisch und abstrakt waren, habe ich die konkreten und klar definierten Handlungsrichtlinien von Marsick & Watkins hinzugezogen. Der wesentliche Beitrag der beiden Forscher liegt in der Operationalisierung des Konstruktes und der daraus resultierenden Messbarkeit.
Die Komplexität und Vielschichtigkeit der lernenden Organisation spiegelt sich in der Anzahl und Bandbreite der gefundenen Kategorien wieder. Insgesamt habe ich aus der inhaltsanalytischen Auswertung der Interviews 15 Kategorien abgeleitet. Alle zu erwähnen würde den Rahmen diesen Posts sprengen. Deswegen sind hier nur einige der Ergebnisse angerissen, die wir gut aus der agilen Praxis kennen.
Integration von Lernen und Arbeiten
Hier geht es vor allem darum Lernen als Teil der täglichen Arbeit zu integrieren. Das passiert dort wo Interaktion zwischen Individuen stattfindet. Formate die das unterstützen sind bspw. Communities of Practice, Retrospektiven, aber auch das gute alte Daily. Die Formate helfen Lernen zu institutionalisieren und von individueller auf Team Ebene zu übertragen.
Teams
Teams scheinen überhaupt das Herzstück der Lernenden Organisation zu sein und das Zauberwort heißt Kollaboration. Sie findet dort statt wo Teams stabil über einen längeren Zeitraum miteinander arbeiten. Auch dieses Konzept kennen wir aus der agilen Welt. Teams brauchen weiterhin Dialogfähigkeit um eine gemeinschaftliche und zweckorientierte Ausrichtung zu bekommen und aus Fehlern zu lernen. Dabei hilft Vertrauen und Offenheit. Mediation, Moderation und Retrospektiven können dabei unterstützen. Auch wenn das in den Interviews explizit nicht erwähnt wurde, so muss ich doch hier an die Arbeit des Scrum Masters denken.
Ein weiterer wichtiger Aspekt in Zusammenhang mit Teams ist Freiraum. Diesen brauchen sie um zu lernen und neue Impulse zu bekommen. Möglichkeiten um diesen Freiraum herzustellen sind Open Spaces, Hackathons, interaktive, interne Konferenzen, Meet-ups, Learning Lunches und Agile Days.
Mindset
Eines der grundlegenden Handlungsfelder der Lernenden Organisation ist die Arbeit mit mentalen Modellen. Mentale Modelle sind tief verwurzelte Annahmen und Bilder, die einen Einfluss auf unsere Wahrnehmung und Interpretation der Welt haben und handlungsleitend wirken. Sie entstehen durch persönliche Erfahrungen und sind stark Kontextabhängig, weswegen es kein einheitliches Bild der Welt oder einer Organisation geben kann. Sie können Lernen behindern indem sie zu den immer gleichen Handlungsweisen verleiten, nach dem Motto „das haben wir schließlich schon immer so gemacht“ . Transparenz ist die notwendige Bedingung um Sichtbarkeit zu erzeugen. Daraus kann dann Alignment entstehen. Wie tragen Agile Methoden dazu bei? Durch Reflexion, Retrospektiven, Imaginations- und Visualisierungsworkshops kann die Auseinandersetzung mit mentalen Modellen gefördert werden und so helfen zu neuen, gemeinsamen Modellen der Realität zu gelangen.
Führung
Lernende Organisationen werden durch einen ermöglichenden und unterstützenden Führungsstil, sowie der hohen Motivation Ihrer Mitarbeiter aktiv gestaltet. Dazu braucht es Handlungs- und Entscheidungsfreiräume und die Möglichkeit zu reflektieren und zu experimentieren. Lernen wird dadurch ein wertstiftender Teil der alltäglichen Arbeit. Dabei ist es wichtig, die Unternehmensziele und Visionen im Auge zu behalten.
Wer mehr erfahren möchte, kann mich gerne kontaktieren, die Arbeit haben und gerne auch diskutieren.
Last but not least, möchte ich mich ganz herzlich bei meinen Kollegen Angelika und Krishan bedanken die mir den Rücken freigehalten haben, damit ich unglaubliche 40 Din A4 Seiten Interviewmaterial auswerten konnte. Tausend Dank!!