12.05.2018
/ Von Christoph Mathis

Selbstorganisierte Teams sind der Kern von Agilität. Damit ist die Hoffnung verbunden, dass sich quasi über Nacht alle Motivationsprobleme in Luft auflösen. Umso größer ist das Erstaunen, wenn es so nicht klappt.

Oft sind gar nicht die Voraussetzungen geschaffen, damit Teams autonom arbeiten können: sie haben keine Informationen bzw. Orientierung über die Richtung, in die es gehen sollen. Und es wird von ihnen erwartet, dass sie einfach funktionieren. Allerdings muss vor dem „dürfen“ noch das „können“ und das „wollen“ kommen. Daraus ergeben sich auch Aufgaben, die Manager erfüllen müssen, damit Selbstorganisation funktionieren kann – und damit sie mit gutem Gewissen Verantwortung delegieren können.

Ich stelle dazu drei Szenarien vor, wie das im ganz kleinen, d.h. in einem Sprint-Planungsmeeting, bei einem Team allgemein und als Führungsaufgabe in einer Firma aussehen könnte:

Focus – Orientierung geben

Selbstorganisierte Teams haben in der Regel nicht die Autonomie in der Zielsetzung, diese kommt wesentlich von außen.

  • In einem Scrum Sprint-Planungs-Meeting ist das eine Einleitung des Product Owner zu seinen Zielen für den Sprint.
  • In einem Team ist das die klare und kommunizierte Produktvision.
  • Für Führungskräfte im Allgemeinen ist das „Management by Objectives“ – was sowohl klassisch in einer Command-und-Control Version als auch agil gestaltet werden kann. Letzteres ist Thema für einen weiteren Blogbeitrag.

Enable – Informationen bereitstellen und Skills vermitteln

Der nächste Schritt ist, das „können“ der Teammitglieder sicherzustellen.

  • Im Sprint-Planungs-Meeting ist das die Herstellung eines gemeinsamen Verständnis über die PBIs (Product Backlog Items), z.b. die Erläuterung durch den Product Owner.
  • Im Team ist die regelmäßige Reflektion der individuellen und gemeinsamen Skills und ggfls. das Organisieren von Lernzielen und Recherchen. Das ist eine Aufgabe von Scrum Master und Product Owner, die Thematisierung in Retrospektive-Meetings spielt dabei eine tragende Rolle.
  • Als Führungsaufgabe wird dies of als Personalentwicklung beschrieben. In einem agilen Kontext ist die Unterstützung der langfristigen Entwicklung eine der zentralen Aufgaben eines Leaders.

Align – sicherstellen, dass alle die gleichen Ziele verfolgen

Alignment heisst eigentlich sicherzustellen, dass man gleiche Ziele teilt. Es ist einer der am häufigsten missverstandene (oder missbrauchte) Begriff in Organisationen. Alignment dient oft als Ersatz für Compliance, für mich in diesem Kontext ein Synonym für, na ja, platt gesagt, Gehorsam.

  • Im Sprintplanungs-Meeting folgt auf die Erläuterung der PBIs eine Diskussion über Machbarkeit und Varianten der Umsetzung. Dabei fliesst das Know-How des Teams, Präferenzen und Ideen aus dem Meeting selbst ein. Selten bleibt dabei ein PBI unverändert, und der wichtigste Nebeneffekt ist das Vertrauen, dass ein gemeinsames Verständnis erzielt wurde und dass es ein Resultat gemeinsamer Arbeit ist.
  • Im Team ist Alignment eine ständige Aufgabe, angefangen mit der Organisation eines Ziele-Workshops, und weiter mit dem regelmäßigen Inspect-and-Adapt, was ebenfalls eine regelmäßige Aufgabe für Retrospektiven ist.
  • In der agilen Organisation ist ein sehr mächtiges Mittel die Nutzung von OKRs (Objectives and Key Results), OKRs wurde bei intel erfunden und bei Google weiterentwickelt. Es ist eine Form von „Management by Objectives“, bei der Ziele nicht kaskadiert, sondern zwischen den Ebenen verhandelt werden.

Empower – die Verantwortung übergeben

Jetzt kann ein Manager Verantwortung abgeben: das „Wollen“ und das „Können“ ist geklärt, jetzt kann man über „dürfen“ reden:

  • Im Sprintplanungs-Meeting vereinbart man das Sprintziel und das Team übernimmt die Verantwortung.
  • Das Team bekommt die Autonomie, die Erledigung der Aufgaben selbständig zu organisieren.
  • In der Organisation sind die Voraussetzungen geschaffen, weniger Hierarchie und mehr Netzwerk und Selbstverantwortung zu leben. Das beseitigt Bottlenecks, erhöht die Motivation und die Schnelligkeit, mit der die Organisation reagieren kann. Es macht sie, kurz gesagt, agiler.

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