Team meint Team
30.04.2021
/ Von Tina Rieger

Was haben wir eigentlich vor 300.000 Jahren gemacht? Wir sind auf Mammutjagd gegangen, um uns und unsere Familien ernähren zu können.

Um ein Mammut zu jagen, brauchte es ein gut eingespieltes Team mit Mitgliedern, die verschiedene Fähigkeiten mitbringen. Da ist der beste Fährtenleser, der beste Läufer, der beste Bogenschütze und der beste Speerwerfer. Es braucht mehr als eine Person, um ein Mammut besiegen zu können. Ein zu großes Jagd-Team kannst du nicht gebrauchen, denn dann wird es unübersichtlich. Und noch viel schlimmer: ein einziges Mammut reicht nicht aus, um alle gut zu ernähren. Dann ist es vielleicht sinnvoller, sich in zwei Gruppen zu teilen und damit die Erfolgschancen zu erhöhen.

Wir haben hier eine hochfunktionale kleine Einheit von Menschen mit demselben Ziel. Sie nutzen ihre Erfahrung, ihr Wissen, ihr Talent, ihre menschlichen Instinkte und die Kraft der Gruppe, um in der Situation erfolgreich zu sein. Und am Abend nach der Jagd sitzen alle gemeinsam am Feuer, reden darüber, lernen und legen Konflikte bei, vielleicht moderiert durch ihren Schamanen. Haben wir hier etwa eine Retrospektive mit „Scrum Master“?

Warum sollten sie das tun? Es hängt das Leben davon ab, dass die Gruppe auch in der kommenden Jagdzeit erfolgreich ist.

Ist das denn heute anders? Ok, damals war es unmittelbarer. Mammut tot = Familie satt. Heute ist es mittelbarer. Das Ziel, auf das sich ein Team committet, ergibt sich im Zusammenspiel mit den Stakeholdern, denn die sind in der heutigen Zeit die Werttreiber. Aber letztlich ist es auch heute noch Wert für das Unternehmen und natürlich für sich selbst.

Ob es Scrum Teams schon in der Steinzeit gab, weiß ich nicht, ganz sicher hießen sie nicht so. Fakt ist: in jeder Epoche, in der Menschen agieren, gab und gibt es Teams, die ein gemeinsames Ziel verfolgen. Je nach Umfeld und Situation ist eine andere Art und Weise der Zusammenarbeit hilfreich. Mal braucht es eine Einheit mit direktiver Führung und mal ein flexibles Team ohne Hierarchien. Wichtig ist zu wissen, in welchem Umfeld ihr euch bewegt und welche Anforderungen ihr meistern wollt.

Was macht Scrum Teams aus?

Scrum ist ein leichtgewichtiges Rahmenwerk für komplexe Probleme, welches Menschen, Teams und Organisationen hilft, Wert durch adaptive Lösungen zu generieren. Ein wichtiger Erfolgsfaktor ist dabei die Teamstruktur. Die Teams werden so aufgestellt, dass sie in einem komplexen Umfeld wirklich etwas bewegen können.

Was bedeutet es, ein Team im Scrum-Umfeld zu sein?

Das Scrum Team besteht aus einem Product Owner, Scrum Master und Developern. Gemeinsam sind sie üblicherweise 10 oder weniger Personen. Denn wie wir anfangs schon bei der Mammutjagd festgestellt haben: bei mehr wird es irgendwann unübersichtlich und die Zusammenarbeit verliert an Effizienz. Ist das Team größer, bilden sich automatisch kleine Untergruppen – und das wollen wir nicht.

Jeder dieser Verantwortlichkeiten hat im Team ihre eigene Wichtigkeit. 

Der Scrum Master trägt dazu bei, dass die Mitglieder des Scrum Teams schrittweise in die Art der Zusammenarbeit, wie sie mit Scrum gedacht ist, hineinwachsen.

Der Product Owner ist ergebnisverantwortlich für die Wertmaximierung eines Produktes und damit für ein effektives Product Backlog Management.

Und die Developer sind die im Team, die sich zur Aufgabe gemacht haben, in jeden Sprint ein nutzbares Inkrement zu schaffen.

Was alle drei vereint, ist das gemeinsame Ziel. Zusammen sind sie für alle produktbezogenen Aktivitäten umsetzungsverantwortlich. Vom Verstehen und Erfassen der Kundenbedürfnisse bis zur Auslieferung und Betreuung des Produktes. Dazu gehört auch die Gestaltung eines geeigneten Arbeitsumfeldes. Wir gestalten alles mit, was es braucht, um gute Ergebnisse liefern zu können. Und das beginnt damit, wie wir miteinander umgehen und unsere gemeinsamen Prozesse gestalten und leben.

Wir sehen, der Fokus geht weg von der Leistung eines Einzelnen. Wenn Wert geschaffen wird, dann ist das ein gemeinsamer Erfolg. Wenn wir etwas nicht schaffen, dann ist nicht der Product Owner schuld, der falsche Anforderungen zur Verfügung gestellt hat und auch nicht das Teammitglied, das letzte Woche Urlaub hatte. Im WIR geht es darum, dass wir uns als TEAM committen, gemeinsam Wert zu schaffen. Im Scrum Team sieht und gestaltet jeder einzelne seinen Beitrag zum großen Ganzen. Deswegen ist es auch wichtig, sich dafür zu interessieren, wo die anderen im Arbeitsprozess stehen und welche Hürden zu nehmen sind. Auch ist es notwendig, selbst Lösungen zu bringen und Lösungen von anderen anzunehmen. Jeder ist gefragt, mitzudenken, proaktiv zu handeln und für das gemeinsame Team-Ziel sein Bestes zu geben.

Damit ein Scrum Team seiner gemeinschaftlichen Ergebnisverantwortung sinnvoll nachkommen kann, ist es eine hochfunktionale, geschlossene, kleine Einheit von Fachleuten ohne Hierarchien im Team. Es ist befähigt, seine Arbeit selbst zu steuern. Zudem hat es alles Wissen im Team, das benötigt wird, um in jedem Sprint Wert zu schaffen. Indem es unabhängig und interdisziplinär aufgestellt ist, muss weniger auf externe Personen zugegriffen werden, was die Wartezeit sowie Arbeitszeit reduziert und dem Team mehr Reaktionsfähigkeit verschafft.

Ich glaube, jeder von uns hat das schon erlebt: Ich stecke in einem Projekt und brauche Zuarbeit von einem Kollegen. Dieser jedoch ist gerade mit etwas anderem beschäftigt und kommt nicht sofort dazu, mir das zu liefern, was ich brauche, um weitermachen zu können. Das Projekt steht an dieser Stelle still. Vielleicht muss ich sogar mein Thema und die Dringlichkeit immer wieder bei dem Kollegen in Erinnerung bringen. Und wenn ich die Zuarbeit habe, muss ich mich selbst wieder eindenken. Genau solche Effekte sollen vermieden werden.

Ein weiterer Vorteil von interdisziplinären Teams ist die Kraft der vielen Köpfe, denn hier wird eng zusammengearbeitet und sich abgestimmt.  

Jeder, der schon einmal in einem Team gearbeitet hat, kennt diesen Effekt: da steckt in einem eine Idee, die erst reift durch die ergänzenden Ansätze der Kollegen. Darüber hinaus können wir in dieser Struktur viel intensiver voneinander lernen, was für alle – vom Stakeholder bis zum einzelnen Teammitglied – gewinnbringend ist.

Um die Bedürfnisse der Kunden möglichst schnell und passend umzusetzen, arbeiten beispielsweise Product Owner und Developer ständig zusammen. Der Product Owner hat die engste Verbindung zu den Stakeholdern und kennt deren Wünsche in der Regel am besten. Die Developer können von Anfang an und am besten die Umsetzbarkeit der Wünsche beurteilen. Durch diese intensive Zusammenarbeiten kann der Product Owner sich viel präziser mit den Stakeholdern abstimmen. Auch können die Stakeholder direkt mit den Developern zusammenkommen. Egal wie, durch die intensive Zusammenarbeit aller, wird ein viel klareres Gesamtbild über das gewünschte Produkt geschaffen. Und das hilft allen Beteiligten. Dem Scrum Team bei der Umsetzung und den Stakeholdern, weil sie das bekommen, was sie wollen und vor allem oftmals deutlich schneller. 

Jetzt haben wir eine kleine Reise gewagt. Lasst uns kurz nochmal zusammenfassen, was ein Team im Sinne von Scrum bedeutet:

  • Das Scrum Team
    • ist eine geschlossene Einheit von Fachleuten, ohne Hierarchien und Untergruppen, die sich auf ein Produkt-Ziel konzentrieren
    • verfügt über alle Fähigkeiten, die zur Erreichung des Produkt-Ziels benötigt werden (interdisziplinär, crossfunktional)
    • besteht aus den Verantwortlichkeiten: Scrum Master, Product Owner und Developer
    • ist üblicherweise 10 oder weniger Personen groß
    • hat keine Teilteams und Hierarchien
    • ist gemeinsam umsetzungsverantwortlich für alle produktbezogenen Aktivitäten, inklusive der Zusammenarbeit mit Stakeholdern
    • verantwortet es, in jedem Sprint ein nützliches Increment zu schaffen (ergebnisverantwortlich)
    • steuert seine Arbeit selbst und arbeitet eng zusammen
    • unterstützt sich gegenseitig, um das Beste aus sich herauszuholen
    • nutzt die Synergie vieler Köpfe und kann dadurch voneinander lernen und gemeinsam wachsen

Es klingt ganz leicht und ist doch oft schwer, denn es kommen oftmals unsere alten Muster daher.

Wie nehmt ihr euer Teamgefüge wahr?

Seit ihr informiert über die aktuellen Themen in eurem Team?

Geht ihr immer proaktiv auf andere zu, um so wenig Zeit wie möglich zu verlieren? Oder wartet ihr manchmal, mit dem Gedanken im Hinterkopf: „Das ist nicht in meiner Verantwortung“?

Wenn dieses Teamgefüge Erfolg haben soll, ist es immer wieder notwendig, dass jeder Einzelne für sich und das Team gemeinsam sein Handeln reflektiert. Das muss nicht nur in der Retrospektive passieren. Das zu fördern ist unter anderem Aufgabe des  Scrum Masters. Doch letztlich bleibt es bei dem Grundsatz: Verantwortlich seid – wie immer – ihr als Team.

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